10 Argumente gegen Studiengebühren



Die Hessische Landesregierung will ab 2007 allgemeine Studiengebühren für alle Studierenden einführen, zusätzlich zu den bisherigen Verwaltungs-, Zweit- und Langzeitstudiengebühren. 500 Euro pro Semester sind der Mindestbetrag, in vielen Fällen werden die Gebühren bis zu 1500 Euro pro Semester betragen.


1. Sind Studiengebühren sozial gerecht?
Nein. Studierende aus sozial benachteiligten Familien werden ungleich härter getroffen als Studierende mit reichen Eltern. In Hessen haben bereits aufgrund der Einführung der sog. „Langzeitstudiengebühren“ 18.000 Studierende ihr Studium abgebrochen. Viele Schülerinnen und Schüler überlegen sich schon jetzt, ob sie überhaupt studieren können. Gleichzeitig wird sich die Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt verschärfen, wenn immer weniger studieren. Besonders hart trifft es Studierende aus Nicht-EU-Ländern, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht in der BRD erworben haben. Sie müssen künftig bis zu 1500 Euro zahlen.

2. Aber die Kitas kosten doch auch Geld?
Nur weil Kindertagesstätten Geld kosten, ist das nicht gleich sinnvoll. Gesellschaftliche Dienst-leistungen, die allen Menschen zugute kommen und somit auch der Gesellschaft als Ganzes nutzen (Bildung, Gesundheitswesen, Öffentlicher Verkehr usw.) sollten grundsätzlich gebührenfrei sein. Bildung muss für alle gleich zugänglich und deshalb kostenlos sein: Von der Kita bis zur Uni!
Bildung ist keine Ware!

3. Liegen die Studierenden den Steuerzahlern nicht auf der Tasche?
70 Prozent der Studierenden müssen ihr Studium durch Lohnarbeit finanzieren. Außerdem werden die von ihnen erworbenen Kenntnisse im späteren Beruf produktiv und auch steuerwirksam einge-setzt. Wissenschaftsminister Corts argumentiert, es sei ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, wenn Studierende, die später im Beruf überdurchschnittlich verdienen werden, einen „Beitrag“ leisten. Aber: Die überwiegende Mehrheit verdient auch mit einem abgeschlossenen Studium keineswegs fette Kohle. Wenn das doch der Fall sein sollte, dann sollten sie über die allgemeine Lohn- und Einkommensteuer ihren Beitrag leisten.

4. Studenten sind doch nur faul, oder?
Die Studienanforderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verschärft. Weil zwei von drei Studierenden nebenher jobben müssen, ist eine 50-Stundenwoche keine Seltenheit. Konnte man in den 70er Jahren noch von einem „selbst-bestimmten Studium“ reden, ähneln die Bedingungen heute zunehmend denen eines Ausbildungsbetriebs, in dem jegliches Denken über den Tellerrand hinaus unerwünscht ist.

5. Wenn Hessen keine Studiengebühren einführt, besteht dann ein Wettbewerbsnachteil?
Auch andere Bundesländer wollen Studiengebühren einführen. Die Hessische Landesregierung argumentiert daher, dass Hessen sich nicht ausnehmen kann, weil Studierende aus anderen Bundesländern dann an die hessischen Unis strömen würden. Dies wäre in der Tat ein „Wett-bewerbsnachteil“. Was die Landesregierung verschweigt, ist, dass es vor allem CDU-regierte Bundesländer sind, die Studiengebühren fordern. Sie selbst treiben also diese Marktlogik voran. Dieser Logik des „Sachzwanges“ kann nur eines entgegengesetzt werden: Ein Verbot von Studiengebühren auf Bundesebene. Bildung muss ein Grundrecht werden!

6. Brauchen die Unis nicht die zusätzlichen Einnahmen?
Die Unis sind seit langem unterfinanziert. Die Gebühren-Einnahmen werden daran nichts ändern. Das Gleiche gilt für andere öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser. Mit dem Argument könnte man an vielen lebens-notwendigen Stellen hohe Gebühren verlangen, die sich aber kein Normalverdiener mehr leisten kann. Die Regierung Koch hat außerdem in der Vergangenheit ihre vertraglichen Verpflichtungen den hessischen Hochschulen gegenüber (den so genannten „Hochschulpakt“) gebrochen. Das wird sie auch in Zukunft tun: Sie wird mit dem Geld die Haushaltslöcher stopfen, die durch die Steuersenkungen für Unternehmen entstanden sind.

7. Aber es ist kein Geld da, die Kassen sind doch leer?
Die Kassen sind nicht einfach leer, sondern wurden zielstrebig entleert. Die Unternehmenssteuern sind auf dem tiefsten Stand seit 1945 und weitere Steuersenkungen für Reiche sind geplant. Im Jahr 2000 nahm das Land Hessen noch 1,4 Mrd. Euro Körperschaftssteuer (Gewinnsteuer für Kapitalgesellschaften) ein. 2001 gingen nur noch 91 Mio. Euro Körperschaftssteuer ein – und 2002 zahlte das Land sogar 165 Mio. Euro Körperschaftssteuer an die Konzerne zurück.

8. Dank den Studienkrediten ist das alles nicht so schlimm, oder?
Das alles summiert sich. Die Studierenden müssen nicht nur für die Gebühren aufkommen, sondern auch ihren Lebensunterhalt finanzieren. Hinzu kommen Lernmittel wie teure Bücher, Internetzugang und anderes mehr. Die Grenze des Belastbaren ist schon heute überschritten, so dass etliche Studierende gleich nach der Ankündigung, weitere 500 Euro ab dem Wintersemester 2007 berappen zu müssen, davon ausgehen, dass sie ihr Studium und somit ihre bisherige Lebensplanung werden aufgeben müssen. Die Vorstellung, bei der unsicheren Arbeitsmarktlage mit bis zu 17.000 Euro Schulden (die derzeit von der Kochregierung vorgesehene Höchstgrenze bei einem Zinssatz von bis zu 7,5 Prozent) ins Berufsleben einsteigen zu müssen, wird viele abschrecken. Für ausländische Kommilitonen, denen Studiengebühren in Höhe von bis zu 1500 Euro pro Semester abverlangt werden, ist die Situation schier unerträglich. Sie haben noch nicht einmal den Anspruch auf ein Darlehen und müssen das Geld sofort zur Verfügung haben. Da ihr Aufenthaltsstatus an ihren Studentenstatus gekoppelt ist und sie zudem nur in den Semesterferien arbeiten dürfen, werden viele abbrechen und das Land wieder verlassen müssen. Das ist institutionalisierte Fremdenfeindlichkeit.

9. Wer profitiert vom europaweiten Umbau der Universitäten?
In ganz Europa wird durch die flächendeckende Einführung von kürzeren Studiengängen (Bachelor statt Diplom) das Ziel verfolgt, massenweise billigere Arbeitskräfte für einfachere technische oder verwalterische Tätigkeiten zu produzieren. Gleichzeitig soll durch die Modularisierung und die Vergleichbarkeit von Studien-leistungen quer durch Europa Großkonzernen die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Produkte, vor allem im Bereich des Fernstudiums (z. B. Internet-Lerneinheiten) europaweit zu verkaufen.

10. Kann Koch noch aufgehalten werden?
Sein Angriff richtet sich nicht allein gegen die Studierenden, sondern auch gegen ihre Familien, die für die zusätzlichen Kosten aufkommen müssen. Er richtet sich auch gegen alle Schüler und Schülerinnen, die die Aufnahme eines Studiums geplant haben, und gegen Auszubildende, die noch weniger Chancen auf einen Ausbildungs-platz haben, wenn sich zehntausende Schülerinnen und Schüler statt zu studieren sich auf die Suche nach einer Lehrstelle machen. Wenn es den Studierenden gelingt, so wie zuletzt in Frankreich (wo es einer breiten Bewegung gelang, ein Gesetz zur Verschlechterung des Kündigungsschutzes zu kippen), auf dieser Basis Bündnispartner zu gewinnen, haben sie eine reale Chance, Koch in seine Schranken zu weisen.


Was du tun kannst
  • Argumente verbreiten: Die Regierung hat eine ausgeklügelte Propaganda entfacht. Sie behauptet z.B., auch gegen soziale Ungerechtigkeit vorgehen zu wollen und dass niemand wegen Studiengebühren von einem Studium abgehalten werden soll. Diese Argumente müssen entkräftet werden.
  • An den Mobilisierungen, Demonstrationen, Veranstaltungen aktiv teilnehmen und Freunde mitbringen.
  • Kontakte zu Gewerkschaftern knüpfen, mit Elternvertretungen sprechen, Schulsprecher kontaktieren, denn die Schüler von heute sind die Zahlenden von morgen. Ausländische Vereine ansprechen, denn junge Ausländer, die nicht in Deutschland ihr Abitur erworben haben, werden dreifach bestraft.


6000 gegen Studiengebühren



Studiengebühren verhindern!


Für die hessische Landesregierung ist die Einführung von allgemeinen Studiengebühren für alle Studierende beschlossene Sache. Nach dem Gesetz, das nur noch vom Landtag beschlossen werden muss, sieht vor, dass ab dem WS 2007/08 sich jede Studentin und jeder Student ihr Recht auf Bildung mit bis zu 1500, mindestens aber 500 Euro, erkaufen muss. Das Wissenschaftsministerium von Udo Corts spricht zynisch von einem „Studienbeitrag”, mit dem Studienbedingungen verbessert werden sollen und der sogar „sozial gerecht” sei.

Dem ist entgegenzuhalten:

  • Wie wichtig der Koch-Regierung die breite Verbesserung von Studienbedingen ist, zeigen die Kürzungen im Bildungswesen der letzten Jahre.

  • Studiengebühren bedeuten, dass Studenten aus sozial schwachen Familien außen vor bleiben. Bildung wird noch mehr zu einen exklusiven Privileg. Es gibt keine „sozialverträglichen” Studiengebühren. Auch mit Darlehensregelungen wird Ungleichheit nicht abgebaut, sondern in die Zeit nach dem Studium verlagert. Dass schon heute die soziale Herkunft ausschlaggebender Faktor ist, wenn es um Bildungschancen junger Menschen geht (siehe Pisa-Studie), ist für die Befürworter von Studiengebühren offenschtlich kein Problem zu sein.

Was mit der Einführung von Studiengebühren tatsächlich bezweckt wird, ist den Hochschulzugang zu begrenzen und gleichzeitig den Gedanken von Wettbewerb und Verwertbarkeit in Bezug auf das Studium durchzusetzen. Dahinter steht das Interesse von Wirtschaft und Unternehmerverbänden Bildung zu einer Ware zu machen. Sie wollen das Bildungssystem den Bedürfnissen des Marktes unterwerfen.


In Frankreich hat dieses Frühjahr eine breite Protestwelle von SchülerInnen, StudentInnen und GewerkschafterInnen ein Gesetz zur Einschränkung des Kündigungsschutzes (CPE) verhindert – ein Rückschlag für die neoliberalen „Reformer“ in ganz Europa.

Die Einführung von Studiengebühren und kostenpflichtigen „Premium-Studiengängen“, die weitgehende Entqualifizierung der Hochschulbildung durch die Einführung von Bachelor-Studiengängen, die Schaffung von sog. „Kompetenzzentren“ und die damit verbundene Schließung „unrentabler“ Institute sowie die fortschreitende Entdemokratisierung – kurz: der gesamte neoliberale Umbau der Hochschulbildung – ist untrennbar verbunden mit dem gesamtgesellschaftlichen neoliberalen Umbau. Der Widerstand dagegen darf deshalb nicht auf die Universität beschränkt bleiben. Wir werden Studiengebühren nur stoppen können, wenn die Studierendenproteste Teil einer breiten anti-neoliberalen Bewegung werden. Deshalb fordern wir einen grundsätzlichen Wechsel zu einer sozialen Politik, die die Interessen der Menschen in den Vordergrund stellt und dem Argument der „leeren Kassen“ mit dem Verweis auf steigende Unternehmensgewinne und steigendem privaten Reichtum entgegentritt.


Mit der Neuformierung der Linken ausgehend von Linkspartei und WASG unter Einbeziehung außerparlamentarischer Initiativen und sozialen Bewegungen wollen wir eine politische Plattform schaffen, von der aus alternative Politik, gegenüber der von Koch, Merkel, Müntefering und Co, stark gemacht werden kann.

Deshalb beteiligt Euch an den Protesten gegen Studiengebühren und macht mit bei der Hochschulgruppe Die Linke.WASG.


Nächstes Treffen:

Di, 16.05.06 18:30 Studierendenhaus Raum 119


Mach mit bei der neuen Linken!
Treffen der Linke.WASG an der Uni: Dienstags, 19 Uhr im Studierendenhaus, Raum C119
Tel. 069/59 79 95 08;
Email dielinkewasg@gmx.de
Linke Hochschulgruppen in Hessen:

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